Wissenschaftliche Evaluation des Modellprojekts "Große Klappe - Stumme Schreie"

Angelika Franke und Andreas Böttger

Ein theaterpädagogisches Projekt zur Gewaltprävention an Schulen der Landesstelle Jugendschutz Niedersachsen (LSJ) und der Theaterpädagogischen Werkstatt Osnabrück

Das Modellprojekt

Hänseleien, Demütigungen und körperliche Gewalt gehören für viele Kinder und Jugendliche zum Alltag. Die Opfer leiden oft stumm, die Täter und Täterinnen sorgen ebenfalls dafür, dass ihr Verhalten nicht ohne weiteres entdeckt wird. Damit Gewalt aufgedeckt und die Opfer geschützt werden können, müssen Erwachsene verantwortlich handeln: Hinsehen und helfen ist eine Handlungsebene, Prävention zu betreiben ist ein weiterer wichtiger Aspekt.

Das Projekt "Große Klappe - Stumme Schreie" soll pädagogische Fachkräfte für beide Ebenen anregen und unterstützen: Das Thema stellt deshalb nicht die spektakuläre, brutale, offensichtliche Gewalt dar, sondern die "Alltagsgewalt", die "kleinen" Gemeinheiten und Verletzungen, aus denen unter ungünstigen Umständen "große" Gewalt eskalieren kann. Bausteine des Projektes sind:

  • eine interaktive Szenencollage zum Thema "Gewalt" unter Kindern und Jugendlichen
  • ein theaterpädagogisches Angebot für die Arbeit mit Schulklassen und Jugendgruppen
  • Module für die Fortbildung von pädagogischen Fachkräften und für die Elternarbeit
  • Beratung und Unterstützung bei der Entwicklung von gewaltpräventiven Konzepten

Ziel des Projekts "Große Klappe - Stumme Schreie" ist es, einen Beitrag zur Prävention gegen Gewalt an Schulen zu leisten. Die Maßnahme ist schwerpunktmäßig im Bereich der primären Prävention angesiedelt, einem bislang weitgehend vernachlässigten Bereich der Jugendarbeit. Sie richtet sich prinzipiell an alle Schülerinnen und Schüler zwischen 10 und 13 Jahren, nicht nur an solche, die bereits eine (latente) Gewaltbereitschaft entwickelt haben. Die Entwicklungsanforderungen in diesem Alter sind besonders groß und können leicht zur Überforderung werden. Die Pubertät bietet eine große Chance um neue Weichen für die Entwicklung von Werten und Normen, Identität und Selbstwertgefühl zu stellen. Darüber hinaus werden LehrerInnen und Eltern mit einbezogen. Ziele des Modellprojekts sind:

  • Kinder und Jugendliche mit Hilfe spielerisch-theaterpädagogischer Methoden zu einem kreativen Umgang mit Emotionen und Aggressionen zu befähigen bzw. sie in diesem Sinne zu sensibilisieren und entsprechende Impulse zu geben.
  • Das Projekt kann der Anfang für einen "roten Faden" der Gewaltprävention sein: Ein Ausgangspunkt für die Entwicklung eines gewaltpräventiven Gesamtkonzeptes, das Mädchen, Jungen, Mütter, Väter und pädagogische Fachkräfte mit einschließt.

Das Modellprojekt "Große Klappe - Stumme Schreie" wird finanziell gefördert durch die Niedersächsische Lottostiftung und die Klosterkammer Hannover. Weitere Informationen zum Modellprojekt: www.grosse-klappe.com

Wissenschaftliche Evaluation durch das arpos Institut

Zur Kontrolle der Qualität der Maßnahme wird das Modellprojekt im Rahmen einer wissenschaftlichen Begleitung dokumentiert und evaluiert. Die Federführung und die praktische Durchführung der Evaluation hat Angelika Franke übernommen. Die wissenschaftliche Leitung der Evaluation erfolgt durch Professor Dr. Andreas Böttger.

Da das Modellprojekt als dynamischer Prozess konzipiert ist, wird neben der sogenannten "summativen Evaluation", d. h. der abschließenden Bewertung der Wirkung des gesamten Modellprojekts, auch eine projektbegleitende "formative Evaluation" durchgeführt werden. Eine formative Evaluation beinhaltet regelmäßige projektunterstützende Maßnahmen im Rahmen einer umfassenden Qualitätssicherung, wie z.B. die Rückmeldung von Zwischenergebnissen und ihre Diskussion im Hinblick auf eventuelle Modifikationen bei der Projektdurchführung (vgl. hierzu auch Wottawa/Thierau 1998, S. 63).

Zu Beginn der Evaluation steht die gemeinsam mit den Projektbeteiligten durchgeführte Explikation der konkreten Projektziele (Punkt 1 in der Abbildung). Diese stellen die Basis für die Auswahl bzw. Entwicklung der Erhebungsinstrumente dar (Punkt 2 in der Abbildung), mit deren Hilfe der Projekterfolg gemessen werden soll.

Die erste Projektphase wird Ende des Schuljahres 2004/2005 durchgeführt. Sie besteht aus einer Befragung der teilnehmenden Schülerinnen und Schüler vor Durchführung des Theaterstücks und der sich anschließenden theaterpädagogischen Arbeit (Punkt 3 in der Abbildung). Die Ergebnisse der Auswertung dieser ersten Erhebung (Punkt 4 in der Abbildung) dienen zum einen als "base-line" für die spätere Erfolgsmessung. Darüber hinaus kann die Rückmeldung ihrer Ergebnisse an die das Modellprojekt durchführenden Institutionen zum Erfolg der Präventionsmaßnahme beitragen (Punkt 5 in der Abbildung).

Regelmäßige teilnehmende Beobachtungen werden die Durchführungen des Theaterstücks und die anschließende theaterpädagogische Arbeit begleiten. Diese dienen dazu, tiefere Einblicke in das tatsächliche Geschehen zu vermitteln (Punkt 6 in der Abbildung).

Die zweite Projektphase wird Anfang des Schuljahres 2005/2006 durchgeführt. Sie besteht aus einer zweiten Befragung der teilnehmenden Schülerinnen und Schüler nach der Durchführung des Theaterstücks und der theaterpädagogischen Arbeit (Punkt 7 in der Abbildung). Ein Vergleich der Zweitmessung mit der Erstmessung kann Aufschluss geben über einige zentrale Aspekte des Erfolgs des Modellprojekts. Im Anschluss werden die Auswertung der zweiten Befragung und eine Rückmeldung der Ergebnisse an die Projektbeteiligten erfolgen, mit der Möglichkeit, die Befunde gemeinsam zu diskutieren und eventuelle Missverständnisse auszuräumen (Punkte 8 und 9 in der Abbildung).

Anfang des Jahres 2006 wird das arpos Institut e.V. den Abschlussbericht vorlegen.

Die Evaluation wird finanziell gefördert durch den Landespräventionsrat Niedersachsen und die Landesstelle Jugendschutz Niedersachsen (LSJ)